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In Deutschland hat die Anzahl an Bandscheiben-Operationen seit 2007 um rund 9% zugenommen. Im Wirbelsäulenzentrum werden jedoch seit Bestehen konstant ca. 5% der im Wirbelsäulenzentrum untersuchten Patienten operativ behandelt. 95% der Patienten mit Bandscheibenvorfall werden also konservativ therapiert. Die konservative Therapie besteht aus Physiotherapie, Schmerzmedikation und ggf. in CT-gesteuerten Infiltrationen.

Bei Auftreten neurologischer Komplikationen, d. h. Lähmungen oder Gefühlsstörungen, im schlimmsten Fall auch Blasen-Mastdarm-Störungen sowie bei einer Schmerzsymptomatik, die einer konservativen Therapie nicht zugänglich ist, ist die Operation eines Bandscheibenvorfalls angezeigt.

Bei der Operation wird das abgerissene Stück der Bandscheibe (Sequester) der auf den Nerv oder die Nerven drückt, mikrochirurgisch, d. h. minimal invasiv entfernt. Ziel dieser Operation ist die Entlastung der Nerven. Die Operation dauert zwischen 30 und 60 Minuten. Der stationäre Aufenthalt im Krankenhaus beträgt in der Regel 24 Stunden. Die Nachbehandlung wird in Absprache mit den operierenden Ärzten des Wirbelsäulenzentrums eingeleitet und postoperativ gemonitort.

Klare Indikationen für eine schnelle Operation sind fortschreitende neurologische Störungen, Bandscheibenmassenvorfälle, die den Nervenkanal komplett verlegen oder therapierefraktäre Schmerzen.

Typische Vorurteile gegen die Bandscheibenoperation sind eng gekoppelt an die richtige Indikationsstellung. Bei der richtigen Indikationsstellung ist das Vorurteil „wenn ich mich operieren lasse, wird es noch schlimmer“ nach vorliegenden Studien nicht zu halten. Im Gegenteil zeigen Ergebnisse aus unabhängigen Studien, dass operierte Patienten im Kurz- als auch im Langzeit-Verlauf zufriedener sind als die Patienten, die sich einer konservativen Therapie unterzogen haben. Hierzu sei auf die Studie „Operative Eingriffe an der lumbalen Wirbelsäule bei bandscheibenbedingten Rücken- und Beinschmerzen - eine Verfahrensbewertung (Surgical treatment of lumbar spine for leg and back pain caused bei the disc-Syndrom - a health technology assessment) Lühmann D; Raspe H; Schriftenreihe HTA des DIMDI;Vol22:1.te Auflage 2003“ verwiesen.

Die konservative Therapie stellt trotzdem einen wichtigen Pfeiler in der Behandlung des Bandscheibenvorfalls dar, ist jedoch nicht grundsätzlich der Operation überlegen, s. vorangehender Absatz.

Richtig ist, dass die Bandscheibenoperation den Patienten langfristig nicht vor Rückenschmerzen bewahren kann. Die Entwicklung chronischer Rückenschmerzen ist in den meisten nicht operationsbedingt, sondern durch die bestehende chronische Wirbelsäulenerkrankung hervorgerufen. Auch die häufig angeschuldete Narbenbildung, die für postoperative Beschwerden verantwortlich sein soll, ist aus wissenschaftlicher Sicht nicht die Ursache der beklagten Beschwerden. Die Ergebnisse mehrerer Studien sprechen dagegen. Genannt sei hier die Studie von RossJS et al;Neurosurgery 38:855-863,1996. Angst vor Narbenbildung braucht also niemand zu haben.

Zusammenfassend ist die Operation des sequestrierten Bandscheibenvorfalls eine sichere Operation mit gutem Ergebnis. Sie sollte jedoch nur bei klarer Indikationsstellung durchgeführt werden. Das operative Standardverfahren ist minimal invasiv d.h. mikrochirurgisch. 95% der Patienten, die im Wirbelsäulenzentrum behandelt werden, werden nicht operativ behandelt.

Geschrieben von Dr. Carsten Busch

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